DRG – Blog Sonderausgabe: Unterschiede Akut- und Reha – Kodierung
Die Kodierung in der Rehabilitation erfolgt nach denselben Kodierregeln wie im Akutbereich – ausgenommen, es gibt konkrete Formulierungen, die die Handhabung unter ST Reha differenzieren[1].
Die Kodierung der Hauptdiagnose ist analog dem Akutbereich als Hauptaufwand des Aufenthaltes definiert, respektive auch Hauptgrund der Rehabilitation ist.
--> siehe DRG-Blog Haupt- und Nebendiagnosen
Die Kodierung der Nebendiagnosen ist analog dem Akutbereich verknüpft mit diagnostischem, therapeutischem oder pflegerischem Mehraufwand. Speziell zu erwähnen ist, dass motorische und kognitive Funktionseinschränkungen (U50.- / U51.-) nach dem Eintrittsstatus erfasst werden sollen.
Als Nebendiagnosen werden auch alle Diagnosen aufgelistet, die während des stationären Aufenthaltes neu auftreten oder als Rezidiv auftreten, z.B. gastrointestinale Blutung, die eine medikamentöse Therapie erfordert.
Prozeduren werden analog dem Akutbereich kodiert. Ausgenommen sind medikamentöse Therapien wie Antiinfektiöse Therapien (z.B. i.v. Antibiotika wird mit 99.22.1- Injektion einer antiinfektiösen Substanz, nach Anzahl Behandlungstage erfasst), die bei ST Reha
ebenso kodiert werden, und nicht wie im Akutbereich weggelassen werden können.
In der Rehabilitation gibt es einige Prozedurencodes, die standardmässig erfasst werden müssen. Die Kodes BA.1- bis BA.9[2] werden ergänzt mit einer einmaligen Eingabe eines Kodes AA.- (ADL-Scores[3]). Das Assessment (Eintrittsmessungen) für einen Kode AA.- muss innerhalb von 72 Stunden[4] nach Beginn des stationären Aufenthaltes in der Rehabilitation durchgeführt werden. Somit beinhaltet eine standardisierte Erfassung der ADL-Scores rund 15 CHOP-Codes je Eintritt und je Austritt, die erfasst werden.
Das heisst, bei jedem Rehabilitationsfall muss mindestens ein CHOP AA-Kode und ein CHOP BA-Kode erfasst werden. Zudem werden Alltagsfunktionsmessungen bei Eintritt und Austritt erhoben und dokumentiert. Beispielsweise die Multimorbiditätsmessung bezieht sich auf die Subkategorie AA.21.- Cumulative Illness Rating Scale (CIRS) und muss einmal pro Aufenthalt, bei Eintritt, erhoben und dokumentiert werden.
Hauptdiagnose HD | Behandlung (B) Rehabilitation (BA) = 8 Rehabilitationsarten und eine Resteklasse für sonstige Rehabilitationsarten |
Hauptdiagnose = Diagnose, die eine Rehabilitation erfordert | BA.1 Neurologische Rehabilitation |
Tabelle: Rehabilitationsarten mit dazugehörigen CHOP-Codes
Jede Rehabilitation weist wöchentlich stattfindende und dokumentierte Rehabilitationskoordination, resp. -teambesprechungen oder Fachvisiten auf[5], unter Einbezug von ärztlichem, therapeutischem und pflegerischem Personal. Bei Abwesenheit eines Fachbereiches sollt die Information schriftlich übermittelt werden. Bei angebrochenen Behandlungswochen muss die Teambesprechung / Fachvisite nicht zwingend stattfinden, d.h. definierte Wochentage für diese Besprechungen / Fachvisiten sind möglich.[6]
BA.1- bis BA.9- werden mit Therapieminuten pro Woche angegeben und wirken sich direkt auf die RCG aus, weshalb die Therapien und deren Dauer gut dokumentiert werden müssen. Je nach CHOP-Code und Art der Rehabilitation können verschiedene Cut-offs angegeben werden.
Beispiel Geriatrische Rehabilitation:
- BA.80 Geriatrische Rehabilitation, mit weniger als 300 Therapieminuten pro Woche
- BA.81 Geriatrische Rehab., mit durchschn. 300 bis weniger als 375 Therapieminuten pro Woche
- BA.82 Geriatrische Rehab., mit durchschn. 375 bis weniger als 450 Therapieminuten pro Woche
- BA.83 Geriatrische Rehab., mit durchschn. 450 bis weniger als 525 Therapieminuten pro Woche
- BA.84 Geriatrische Rehab., mit durchschn. 525 bis weniger als 600 Therapieminuten pro Woche
- BA.85 Geriatrische Rehab., mit durchschn. 600 und mehr Therapieminuten pro Woche
In der Rehabilitation gibt es in der Kategorie BB.3- und BB.4- Zusatzkodes, mit denen man spezifische aufwändige pflegerische Leistungen erfassen kann. Beispielsweise aufwändiges Wundmanagement von min. 60 min/Tag oder 1:1-Betreuung (Betreuung von nur einem Pateinten zeitgleich möglich). Diese Kodes erfasst man für jeden Tag, an dem die Pflege durchgeführt wird. Im Gegensatz zum Akutspital darf in der Rehabilitation die Pflege-Komplexbehandlung (99.C-) nicht kodiert werden – dieser Kode ist nicht vereinbar mit den BA.- Kodes.
Kodierbeispiel (Neurologische Rehabilitation)
Ein Patient wird zur stationären Rehabilitation verlegt mit Status nach Hirninfarkt im Mediastromgebiet und mit schlaffer Halbseitenlähmung. Nebendiagnostisch besteht eine koronare Herzkrankheit zweier Gefässe, die medikamentös behandelt wird. Pflegerisch benötigt der Patient einen über die Basisleistung hinausgehenden dokumentierten Zusatzaufwand von 73 Aufwandspunkten. Zusätzlich erhält er über 4 Wochen durchschnittlich 700 Minuten pro Woche Logopädie und Ergotherapie. Ausserdem erfolgt während der Rehabilitation ein Hausbesuch zur Abklärung der häuslichen Situation sowie der weiteren Rehabilitationsziele und Massnahmen.
Kodierung[7]:
HD I63.4 Hirninfarkt nach Embolie zerebraler Arterien (L)
ND G81.0 Schlaffe Hemiparese und Hemiplegie (L)
ND I25.12 Atherosklerotische Herzkrankheit: Zwei-Gefäss-Erkrankung
ND U50.- Motorische Funktionseinschränkung
ND U51.- Kognitive Funktionseinschränkung
B BA.1 Neurologische Rehabilitation
B AA.1- Messung der Activity of Daily Living [ADL]
B 93.89.D2 Diagnostischer Hausbesuch als Teil einer akutrehabilitativen oder
rehabilitativen Abklärung, Dauer von mehr als 4 Stunden bis 6 Stunden
Als Kostentrenner bei den RCGs werden Variablen verstanden, die Unterschiede im Ressourcenverbrauch erklären können. Diese Variablen sind ICD-10- und CHOP-Kodes, resp. Haupt- und Nebendiagnosen, Behandlungen und Prozeduren, Alter, motorische und kognitive Funktionseinschränkungen. Zur Versionsweiterentwicklung werden ausschliesslich Variablen in die Analysen einbezogen, die im Rahmen der standardisierten Datenerhebungen bereits als Routinedaten vorliegen.
Unterschiede SwissDRG vs ST Reha
- Berechnung der Aufenthaltsdauer
Bei ST Reha wird pauschalisiert und jeder Tag separat abgerechnet, daher werden alle Kalendertage gezählt. Im Akutbereich werden jedoch die Nächte gezählt, resp. Kalendertage – 1, oder Eintritts- und Austrittstag zusammengezählt.
Beispiel: Aufenthalt vom 3. – 15. März:
- Aufenthaltsdauer in einer Rehabilitation: 13 Tage
- Aufenthaltsdauer in einem Akutspital: 12 Tage
Die Aufenthaltsdauer ist bei ST Reha besonders wichtig, da die totale Anzahl Therapieminuten durch die Aufenthaltsdauer gerechnet wird, damit man einen Tagesdurchschnitt von Therapieminuten erhält, resp. Therapieminuten/Woche (z.B. bei CHOP-Code BA.5- muskuloskelettale Rehabilitation)
- Externe ambulante Behandlungen
Im akutstationären Bereich werden Leistungen, die von einem anderen Leistungserbringer erbracht werden, und der Patient am selben Tag wieder rückverlegt wird, kodiert und erfasst. So wird beispielsweise ein Regionalspital, dass den Patienten bei Thoraxschmerzen in ein Zentrumspital für eine Koronarangiografie verlegt, und am selben Tag zurückverlegt wird, die Koronarangiografie kodieren. Das Zentrumspital stellt eine ambulante Rechnung an das Regionalspital.
Unter STReha gilt diese Regelung nicht bei Leistungen, die in der Liste „Vereinbarung zur separaten Verrechnung von Leistungen währen eines stationären Aufenthaltes“[8] aufgelistet sind. Diese werden direkt separat an die Versicherung verrechnet und dürfen nicht auf den stationären Reha-Fall kodiert werden.
- Verlegungsabschläge
Unter ST Reha werden keine Verlegungsabschläge vorgenommen, im Gegensatz zum akutstationären Bereich.
- Beatmung
In der Rehabilitation dürfen die Kodes aus den Kategorien 93.9E.- NIV-Beatmung ausserhalb Intensivstation, Dauer der Behandlung nach Anzahl Tage, 93.9F.- Mechanische Beatmung und Atmungsunterstützung oder 93.9G.- Behandlung von Störungen der Ventilation, Oxygenation und Atemregulation ausserhalb der Intensivstation verwendet werden, um die Beatmung in der Rehabilitation abbilden – vorausgesetzt die Beatmung weist einen Aufwand > 0 für die Klinik auf. Dies gilt auch für Maskenüberdrucktherapien, die man mit 93.9G.09 Behandlung von Störungen der Ventilation, Oxygenation und Atemregulation ausserhalb der Intensivstation, sonstige abbilden kann. Reine Sauerstoffgaben bildet man jedoch nicht mit dem CHOP ab (nur Diagnose, die den Aufwand generiert, abbildbar).
Veränderungen von 2024 auf V3.0/2025[9]
Umbau von allen RCGs ausser Psychosomatik und kardiale Rehabilitation
Nebendiagnosen wurden als Split-Kriterien erweitert, beispielsweise
- Tumore
- Lähmungssyndrome
- Linksherzinsuffizienz à Blog Herzinsuffizienz
- Delir à Blog Delir
- schwere depressive Episoden
- Atherosklerose
- Post-Covid
Hier zu beachten gilt, dass die Diagnosen wie im Akutbereich so genau wie möglich dargestellt, bzw. kodiert werden müssen. Unspezifische Kodes sind nicht DRG-relevant.
Eine detailliertere Übersicht, in welchen Bereichen welche Faktoren neu relevant sind, finden Sie hier:
RCG | Erweiterung der Splitkriterien | Schärfung der Splitkriterien |
TR13A |
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TR13B |
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TR14A |
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TR15A |
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TR16A |
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TR16B |
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TR17A |
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TR19A |
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Tabelle: Übersicht Systementwicklung nach RCG
RCG-Relevanz in der Genauigkeit der Diagnosen
Diagnosen müssen so genau wie möglich abgebildet werden. Dies dient nicht nur der erforderlichen Diagnose- und Dokumentationsqualität, sondern kann auch Auswirkungen auf die Zuteilung der RCGs haben. Beispielsweise bei der Basis-RCG TR13:
Ob ein Fall in der Kostengewicht-stärkeren TR13B und nicht in der TR13C landet, wird unter anderem mit folgenden Nebendiagnosen gesteuert:
Diagnose | TR13C | TR13B |
Herz-insuffi-zienz | „dekompensierte Linksherzinsuffizienz“ à I50.19 Linksherzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet Auch ohne Seitenangabe nicht RCG-relevant: I50.9 Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet | „akute dekompensierte Linksherzinsuffizienz NYHA III“ à I50.13 Linksherzinsuffizienz, mit Beschwerden bei leichterer Belastung, NYHA Stadium III Auch relevant: |
Tumore | „Meningen-Tumor“ à C70.9 Meningen, nicht näher bezeichnet
„Gehirn-Tumor“ à C71.9 Bösartige Neubildung des Gehirns, nicht näher bezeichnet | „Astrozytom L1“ à C70.1 Bösartige Neubildung an Rückenmarkhäute
„Glioblastom parietal“ à C71.3 Bösartige Neubildung des Gehirns, Parietallappen |
Delir | Patient war delirant à F05.9 Delir, nicht näher bezeichnet | Patient hatte ein postoperatives / medikamentös-induziertes Delir à F05.8 Sonstige Formen des Delirs |
[1] Kodierregeln sichtbar im Kodierhandbuch Instrumente zur medizinischen Kodierung (admin.ch)
[2] CHOP Kodes für spezifische Rehabilitationen, eingeteilt nach durchschnittlichen Therapieminuten pro Woche, siehe CHOP Katalog Schweizerische Operationsklassifikation (CHOP) - Systematisches Verzeichnis - Version 2024 | Publikation (admin.ch)
[3] Activity of Daily Living (ADL) - Downloads – ANQ
[4] Innerhalb von 3 Arbeitstagen, d.h. nur Sonntage und gesetzliche Feiertage gelten als Nicht-Arbeitstage. Samstage gelten als Arbeitstage.
[5] Mindestmerkmale unter den CHOP-Codes BA.-
[6] Beispiel: Wenn ein Patient/eine Patientin an einem Donnerstag eintritt und am darauffolgenden Dienstag entlassen wird, die Teambesprechung jedoch immer am Mittwoch stattfindet, wird vom Spital nicht erwartet, dass es die Teambesprechung vorverlegt. Dieses Mindestmerkmal wird in diesem Fall nicht verlangt zur Erfassung des Kodes.
[7] HD = Hauptdiagnose, ND = Nebendiagnose, B = Behandlung
[8]Vertrag: Vereinbarung_separate_Verrechnung_ST_Reha_finale_Fassung.pdf (hplus.ch)
Klarstellungen inkl. Auflistung: Klarstellungen_zur_Vereinbarung_zur_separaten_Verrechnung_von_
Leistungen_waehrend_eines_stationaeren_Aufenthaltes_gueltig_ab_1._Januar_2024.pdf (hplus.ch)
[9] Weitere Infos auf der SwissDRG-Seite
Systempräsentation: ST Reha 3.0 Systempräsentation (swissdrg.org)
Entwicklungsbericht: Bericht zur Entwicklung der Tarifstruktur ST Reha Version 1.0 (swissdrg.org)