ThemenSwissDRG - Blog15 - Fallzusammenführungen

15 – Fallzusammenführungen

Die stationäre Abrechnung im SwissDRG-System unterliegt einer Vielzahl von Regeln, die darauf abzielen, eine korrekte und transparente Vergütung der erbrachten Leistungen zu gewährleisten. Eine besonders relevante Thematik ist die Fallzusammenführung (FZF).  Die Fallzusammenführung dient dazu, mehrere Aufenthalte eines Patienten in einem definierten Zeitraum zu einem einzigen Abrechnungsfall zusammenzuführen[1]. Dies geschieht, um eine wirtschaftliche Doppelverrechnung zu vermeiden und eine sachgerechte Abbildung der stationären Behandlung zu gewährleisten.

 

Dazu gelten folgende Regeln:

 

1. Zeitlicher Rahmen:

  • Eine erneute Hospitalisation innerhalb von 18 Tagen[2] nach Entlassung führt grundsätzlich zu einer Fallzusammenführung. (Abrechnungsregeln SwissDRG)
  • Eine Ausnahme gilt für definierte DRGs (z. B. bei Tumorbehandlungen oder Dialyse-DRGs), bei denen eine erneute stationäre Aufnahme nicht zwingend zu einer Zusammenführung führt.
    -->Die Ausnahmen sind im Fallpauschalenkatalog von SwissDRG beim DRG-Zusatz «Ausnahme von der Wiederaufnahme» mit X in der letzten Spalte sichtbar.

2. Gleiche Hauptdiagnose / gleiche Organgruppe:

  • Falls der Patient wegen derselben Hauptdiagnose erneut hospitalisiert wird, ist eine Zusammenführung wahrscheinlicher à eine Fallzusammenführung wird nur durchgeführt, wenn die Fälle die gleiche MDC, d.h. Organgruppe, aufweisen. (Abrechnungsregeln SwissDRG)
  • Ist der Wiedereintritt einer Komplikation einer medizinischen Massnahme aus dem vorherigen Fall geschuldet/zusammenhängend, so wird die Grunderkrankung auch für den zweiten Fall als Hauptdiagnose gewählt (Kodierregeln BfS). Diese Regel gilt auch für Nachbehandlungen, Weiterbehandlungen und geplante Folgeeingriffe. Diese Regeln erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass beide Fälle in dieselbe MDC fallen (siehe vorheriger Punkt).

3. Durchführungsort

  • Fallzusammenführungen werden nur mit stationären Fällen desselben Spitals (gleiche BUR-Nummer) durchgeführt.

 

Beispiele

 

1. Beispiel: Rückverlegung

Ein Patient wird in einem Regionalspital vom Notfall mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Zentrumspital verlegt. Dort erhält der Patient eine PTCA mit Stenteinlage. Nach drei Tagen wird der Patient zur weiteren Überwachung und Behandlung wieder in das Regionalspital verlegt.

 

Regionalspital kodiert den 1. administrativen Fall:

HD         I21.-      Akuter Myokardinfarkt

 

Zentrumspital kodiert 1 administrativer Fall:

HD         I21.–      Akuter Myokardinfarkt
B             00.66.-- Perkutane translum. Koronarangioplastik [PTCA] oder koronare Atherektomie
B             00.40    Massnahme auf einem Gefäss
B             36.08.11 Implantation perkutan-transluminal von Stents ohne Medikamenten-Freisetzung, in einer Koronararterie

 

Regionalspital kodiert den 2. administrativen Fall:

HD         I21.–      Akuter Myokardinfarkt
ND         Z95.5 Vorhandensein eines Implantates/Transplantates nach koronarer Gefässplastik

 

--> Die beiden DRGs des Regionalspitales sind in der gleichen MCD, der Austritt vom 1. Aufenthalt ist weniger als 18 Tage vom 2. Aufenthalt entfernt und beide DRGs weisen keine Ausnahme von der Wiederaufnahme auf, daher werden beide Fälle zusammengeführt:

 

Fallzusammenführungsfall:
HD I21.- Akuter Myiokardinfarkt
Z95.5 Vorhandensein eines Implantates/Transplantates nach koronarer Gefässplastik

(der DRG ist der gleiche wie beim 2. Administrativen Fall, nur mit 1 Tag mehr (vom ersten Fall)

 

 

2. Beispiel: Komplikation

Wegen einer Sigmadivertikulitis vor 3 Wochen wurde eine Sigmoidektomie mit Kolostomie vorgenommen. Der Patient verliess das Spital vor 12 Tagen und tritt heute wegen Funktionsstörung seines Kolostomas ein.

HD K57.32         Divertikulitis des Dickdarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung

ND K91.4           Funktionsstörung nach Kolostomie oder Enterostomie

 

Dieser 2. Fall wird mit dem 1. Fall, der auch mit HD K57.32 Divertikulitis kodiert wurde, zusammengeführt, da beide Fälle in der gleichen MDC sind und keine Ausnahme der Wiederaufnahmen vorliegen.

 

3. Beispiel: direkte und indirekte Kausalitäten

Komplexere Beispiele sind Konstellationen, bei denen medizinisch nicht direkt klar ist, ob es sich um direkte oder indirekte Kausalitäten handelt. Für einen Kliniker sind medizinische Zusammenhänge oft stärker sichtbar, jedoch zählen als „Komplikationen / Zustände nach medizinischen Massnahmen“ direkte Zusammenhänge, nicht die indirekten Zusammenhänge. Somit kann der Kliniker mit klaren Formulierungen in den Berichten dem Kodierer helfen, direkte Zusammenhänge zu sehen.

 

Beispiel: 1. Fall: Eintritt wegen Volumenmangel bei Gastroenteritis
nach 10 Tagen:
2. Fall: Wiedereintritt bei dekompensierter Herzinsuffizienz

--> medizinisch gesehen sieht der Kliniker eine Kausalität zwischen Volumengabe beim 1. Fall und dekompensierter Volumenbelastung beim 2. Fall. Hier kann es sich um eine direkte Kausalität handeln beim Betrachten von übermässigen Volumina beim 1. Fall, aber viel wahrscheinlicher handelt es sich hier nach dieser Zeitspanne um eine indirekte Kausalität. Bei einem multimorbiden Patienten mit diversen Begleiterkrankungen kann es verschiedene Auslöser für eine Herzdekompensation handeln, daher kann hier durch den genaueren Aetiologiebeschrieb des Klinikers geklärt werden.

 

Anmerkung Schnittstelle Qualitätsmanagement:

In der Schweiz werden Wiedereintritte nach ANQ über das Qualitätsmanagement analysiert. Diese Analysen betreffen Fälle mit Abständen von bis zu 30 Tagen und haben an sich nichts mit den administrativen Fallzusammenführungen wie oben beschrieben zu tun. Es kann aber durchaus sein, dass ein Fall mit administrativer Fallzusammenführung auch im Review beim Qualitätsmanagement auftaucht, daher ist es sinnvoll, bei Fragen zu Wiedereintritten auf den Fragesteller zu achten (Kodierer vs Qualitätsmanager).

 

[1] Bezüglich administrativer Fallnummer: Administrativ wird jeder Fall einzeln dargestellt und kodiert, und je nach Spital ergibt sich bei einer Fallzusammenführung von zwei Fällen eine dritte, administrative Fallnummer oder eine der beiden Fallnummern wird zum FZF-Fall expandiert.

[2] Innerhalb 18 Tage seit Austritt“ heisst: die Frist beginnt mit dem Austritt und dauert bis und mit dem 18. Kalendertag nach dem Austrittstag. Der Austrittstag wird demnach nicht in die Frist mit eingerechnet.

Download als PDF