ThemenSwissDRG - Blog08 - Verweildauer und Wartepatienten

Verweildauer und Wartepatienten

Die Verweildauer eines Patienten in einem Akutspital ist an die Akutspitalbedürftigkeit geknüpft. Anhand der WZW-Kriterien (Blog 07) darf ein Patient so lange wie nötig im Spital hospitalisiert sein. Jeder Hospitalisationstag muss ärztlich begründet sein, da das Behandlungs- und Austrittsmanagement in der Verantwortung der Ärzteschaft ist. Angesichts der zunehmenden Bedeutung dieses Themas im Rückweisungsmanagement wird es hier ausführlicher behandelt.

 

Definition Akutspitalbedürftigkeit

Akutspitalbedüftig sind in der Regel Patienten, die plötzlich auftretende, meist kurzfristig und heftig verlaufende Gesundheitsstörungen aufweisen, welche eine kurzfristige, intensive ärztliche oder pflegerische Betreuung erfordern (=stationäre Behandlung in einem Spital). Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der Dringlichkeit und Schwere des medizinischen Problems, das eine sofortige und umfassende medizinische Versorgung erfordert, die ambulant nicht ausreichend gewährleistet werden kann.

Hier sind einige Kriterien, die typischerweise Akutspitalbedürftigkeit charakterisieren:

  1. Schweregrad der Erkrankung oder Verletzung: Zustände, die lebensbedrohlich sind oder zu schweren Komplikationen führen können, wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, schwere Infektionen oder Traumata.
  2. Notwendigkeit spezieller medizinischer Überwachung und Pflege: Patienten, die intensive Überwachung oder spezialisierte Pflege benötigen, wie sie auf Intensivstationen oder speziellen Überwachungsstationen bereitgestellt wird.
  3. Komplexe diagnostische und therapeutische Maßnahmen: Erfordernisse für umfangreiche Diagnostik oder therapeutische Interventionen, die nur in einem Krankenhaus durchgeführt werden können, z.B. Operationen, invasive Verfahren oder spezialisierte Bildgebung.
  4. Kontinuierliche medizinische Betreuung: Zustände, die eine fortlaufende ärztliche Beobachtung und Intervention erfordern, welche in ambulanten Einrichtungen nicht möglich ist.
  5. Akute Verschlechterung chronischer Erkrankungen: Patienten mit chronischen Krankheiten, die eine akute Verschlechterung erfahren, die intensive stationäre Maßnahmen erfordert.

Akutspitalbedürftigkeit wird durch medizinisches Fachpersonal diagnostiziert und idealerweise in der KG begründet, um sicherzustellen, dass die Patienten die notwendige stationäre Versorgung erhalten.

Der Begriff Akutspitalbedürftigkeit ist abzugrenzen mit Pflegebedürftigkeit, die unabhängig vom akuten Geschehen auftreten kann und auf ein chronisches Leiden mit meist langsamer Entwicklung und Langzeitpflegebedürftigkeit hinweist. Die Pflege steht hier meist im Vordergrund, nicht die medizinische Behandlung. Pflegebedürftigkeit betrifft die längerfristige Unterstützung bei den alltäglichen Aktivitäten aufgrund von chronischen oder dauerhaften Beeinträchtigungen und kann sowohl in speziellen Einrichtungen als auch zu Hause erfolgen.

Es kann schwierig sein, wann bei länger dauernder Krankheit die Akutphase abgeschlossen ist. Nach Rechtsprechung dauert die Akutphase in jedem Fall so lange, wie von einer laufenden Behandlung noch eine wesentliche Verbesserung der Gesundheit zu erwarten ist.[1]

Dieses auf kurative Behandlungen gemünzte Erfordernis kann allerdings im Bereich der Spitalbehandlung und Betreuung von kranken Menschen ohne oder mit unklarer Heilungsaussicht (Palliative Care) nicht herangezogen werden.

 

Einfluss der Verweildauer im SwissDRG

Das SwissDRG-System ist ein Fallpauschalensystem. Somit erhält man für eine Erkrankung bei einer Behandlung von einem bestimmten Zeitraum einen pauschalisierten Betrag, ausgehend von den Angaben im Fallpauschalenkatalog[2]. Meistens wird in medizinischen DRGs zwischen 2 und 7 Tagen pauschalisiert (Tage = Verweildauer = Anzahl Nächte[3]). Verweilt ein Patient nur einen Tag, so gibt es einen Abschlag (pro Tag), bleibt er länger, so gibt es einen Zuschlag pro Tag (Siehe Blog 01 Glossar – Auszug Fallpauschalenkatalog Untere und Obere Grenzverweildauer). Berechnet wird der DRG anhand der Inlier-Fälle. Ist die Anzahl von 1-Tägigen Fällen (Kurzlieger) statistisch relevant, so werden auch diese, inklusive Abschlag, für den DRG zur Berechnung verwendet. Bei diesen (aktuell 184) DRGs spricht man von impliziten Ein-Belegungstags-DRGs[4]. Entsteht ein DRG mit einer konkreten Vorgabe von einer Verweildauer von einem Tag, spricht man von expliziten Ein-Belegungstags-DRGs. Diese sind erkennbar im Fallpauschalenkatalog mit einer mittleren Verweildauer von 1, aber auch im DRG-Text „ein Belegungstag“.

Es ist sichtbar, dass das DRG-System jedes Jahr anhand der Kosten und der Verweildauer inklusive den ICD- und CHOP-Codes neu berechnet wird. Die diesjährigen Fälle sind die Grundlage der Berechnungen der SwissDRG-Version, die wir in zwei Jahren benützen.

 

Wartepatienten

Benötigt ein Patient nach medizinischer Indikation keine Behandlung und Pflege im Spital mehr, so darf diese Zeitspanne laut den Abrechnungsregeln von SwissDRG nicht mehr über SwissDRG vergütet werden. Somit wird der Aufenthalt des Patienten retrospektiv administrativ vom Akutfall getrennt und gemäss Art. 49 Abs 4 bzw. Art 50 KVG[5] abgerechnet. In der Regel werden diese Tage nach dem Pflegetarif (BESA) abgerechnet, oder anhand separater kantonaler Verträge.

Siehe auch Wartepatient im Antragsverfahren.

 

Pflegetarif

Die Leistungen in einem Alters- und Pflegeheim oder Wartepatienten werden berechnet in mehreren Bereichen

  • Pension (Unterkunft, Verpflegung, Reinigung, etc)
  • Betreuung (Kontakt mit Angehörigen, Aktivitätsangebote, etc)
  • Pflege (Pflegeleistungen, die nach KVG den Krankenkassen abgerechnet werden können)
  • Ambulante ärztliche Leistungen nach TARMED

Die letzteren beiden Punkte werden anteilsmässig über KVG übernommen, die ersten beiden Punkte werden von den Bewohnern übernommen. Die Pflege wird nach BESA (BewohnerInnen-Einstufungs- und Abrechnungssystem) berechnet. 0-12 Pflegestufen können nach Pflegeaufwand (min pro Tag, 0 bis 221 und mehr Minuten) eingeteilt werden.

Ein Bewohner hat eigene Kosten von max. 23 Fr pro Tag. Die Tageskosten inkl. Anteile von Krankenversicherungen und öffentlicher Hand betragen 25 – 350 Fr (BESA Stufe 0 – 12).

Vergleicht man diese Beträge mit Zuschlägen, die man pro Tag erhält, wenn ein Patient länger als die obere Grenzverweildauer stationär bleibt (CW 0.045 – 0.867, d.h. rund 450 – 8‘670 Fr), erklären sich die Kontrollen und Beanstandungen von Versicherungen, die sich auf die Überlieger-Tage fokussieren.

 

[1] Urteil 9C_447/2010 vom 18. August 2010 E. 2.1 mit Hinweisen

[2] Fallpauschalenkatalog SwissDRG https://www.swissdrg.org/application/files/4117/0124/5225/SwissDRG_Version_13.0_Fallpauschalenkatalog_Abrechnungsversion_2024_2024.pdf

[3] Verweildauer = Anzahl Kalendertage – 1 (Ausnahme: Verlegung am Eintrittstag, dort nicht -1)

[4] https://www.swissdrg.org/download_file/view/4402/2012

[5] https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1995/1328_1328_1328/de#fn-d6e3940

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